Die COVID-19 Pandemie stellt für viele Unternehmen eine Feuerprobe dar. Die Situation der Gastronomie, des Handels und der Kulturschaffenden steht oft im Mittelpunkt der Berichterstattung. Viele Industrieunternehmen aus dem Mittelstand sind jedoch genauso betroffen – und bearbeiten die entstehenden Probleme meist intern und weniger öffentlichkeitswirksam.
Wie sehen die Herausforderungen der Pandemie für den Mittelstand im Kreis Steinfurt aus und wie können Unternehmen vorgehen, die durch die Krise in Schieflage geraten? Informationen aus erster Hand darüber haben Heiner Hoffschroer, Geschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung Steinfurt und Simone Korn, Spezialistin für die Bereiche Um- und Neustrukturierung. Sie arbeitet mit Unternehmen im Kreis, die neue Wege suchen und sich stark verändern müssen, um auch während der Krise Gewinne zu erzielen und zu überleben.
„Wenn man zu lange wartet, ist es selbst für die beste Idee zu spät.“ Heiner Hoffschroer
Spezifisch für die COVID_19 Krise ist aus Erfahrung des Netzwerkexperten ihre Unvorhersehbarkeit und Dauer. Denn die „Augen-zu-und-durch“-Mentalität wird so gefördert: Unternehmen sehen durchaus, dass Aufträge zurückgehen, Kunden bedrohlich in Schieflage geraten oder Produkte nicht mehr nachgefragt werden, doch durch die Hoffnung auf eine baldige Besserung der Lage werden kaum oder sehr spät Konsequenzen daraus gezogen.
Netzwerke und Austausch fördern die Krisenkompetenz
Doch je länger ein Unternehmen weitermacht wie vor der Krise, ohne auf die neue Situation zu reagieren, umso mehr wertvolle Ressourcen gehen verloren. „Entscheidend ist zum einen eine Unternehmenskultur, die sich aktiv auseinandersetzt und früh Ursachen erkennt und benennt. Zum anderen sollten Unternehmen auf externes Wissen zurückgreifen, wenn es um Entwicklung und Krisenmanagement geht,“ so Hoffschroer, der oft erlebt, dass der Wissensaustausch im Netzwerk zu einer verbesserten Selbstreflektion der Entscheider im Unternehmen führt. Über Netzwerke ist auch die Auswahl und Kontaktaufnahmen mit den richtigen Experten vereinfacht. Die neutrale und diskrete Beratung zur Auswahl eines geeigneten Experten aus der Region versteht die Wirtschaftsvereinigung als Service für ihre Mitgliedsunternehmen.
Effektive Stellschrauben für die Trendwende erkennen und gemeinsam mit der Belegschaft umsetzen
Sich mit einer sich verschlechternden Unternehmenslage und sogar drohender Insolvenz aktiv auseinander zu setzen ist für alle Beteiligten anstrengend, zumal in der Regel keiner im Unternehmen Erfahrungen damit besitzt. An dieser Stelle kommt Simone Korn ins Spiel. Als Interim Managerin betreut sie Unternehmen im Kreis Steinfurt im Prozess der Restrukturierung bereits vor der Krise und währenddessen. Zielsetzung dabei sind oft Kostensenkung, Vertriebsoptimierung und Erschließung neuer Märkte.
Logistik Unternehmen macht nach Restrukturierung wieder Gewinn
Die Ergebnisse der Zusammenarbeit mit der Interim Managerin stimmen zuversichtlich. Ein mittelständiges, international ausgerichtetes Logistik-Unternehmen ist ein aktuelles Projekt aus dem Kreis Steinfurt, mit dem zusammen Simone Korn eine interne Insolvenz in Eigenverwaltung ohne nennenswerte Kundenverluste beenden konnte. Mit Ihr initiierte neue Geschäftsfelder und zusätzliche Einnahmen brachten beachtenswerte Gewinne und ein Großteil der Mitarbeiter*innen konnte weiter beschäftigt werden. Darüber hinaus gelang es, neue Arbeitsplätze zu schaffen und neue Kräfte einzustellen. Zu guter Letzt wurden neue Partner für die zukünftige Geschäftsentwicklung gefunden und an das Unternehmen gebunden. Das Ergebnis ist außerordentlich positiv und wurde mit deutlichem Mehrumsatz belohnt. Eine Kundenzufriedenheitsabfrage bestätigt den Projekterfolg: Die Antworten der Kunden fielen überdurchschnittlich positiv aus.
“Neben meiner Erfahrung sind mein unternehmerischer Ehrgeiz, Gründlichkeit und persönlicher Einsatz meine Erfolgsgeheimnisse.“ Simone Korn
Simone Korn hat vielfach erlebt, dass sich für Unternehmen mit schlechten Zahlen oftmals Lösungen finden lassen. Allerdings sind interne Mitarbeiter und Geschäftsleitungen teilweise betriebsblind oder benötigen Begleitung bei der operativen Umsetzung und Kommunikation mit den Mitarbeitern und Führungskräften – denn Veränderungsprozesse betreffen meist alle Bereiche des Unternehmens und stellen eine Kraftanstrengung für alle Beteiligten dar.
Analysefragen: Brauchen wir ein Projekt zur Zukunftssicherung?
Glücklicher Weise ist das beschriebene Projekt nicht repräsentativ für die Industrie in unserer Region. Viele Wirtschaftssektoren erleben auch eine Umsatzsteigerung durch die veränderte Situation – oftmals berichten Unternehmensleitungen von durchwachsenen Ergebnissen. Doch ab wann reagieren? Die Expertin rät sich eine Reihe von Fragen zu stellen, anhand derer sie selbst analysiert, wie zukunftssicher ein Unternehmen dasteht. So werden sich Entscheider im Unternehmen über mögliche Ansatzpunkte klar. Daraufhin mit kleineren Projekten positiv auf die Unternehmenszahlen einzuwirken, bietet Vorteile: kleinere, aber kontinuierliche Maßnahmen stärken die Unternehmenskultur und sind einfacher in der Umsetzung sich als große, aufwändige Veränderungsprozesse wenn bereits vieles im Argen liegt. Sie finden die Analysefragen der Expertin in der Infobox auf dieser Seite.
Fragen, die Unternehmen aktuell und nach der COVID 19 Phase beantworten können sollten – oder sich für die Beantwortung Unterstützung von Experten holen sollten:
• Wir verzeichnen einen erheblichen Umsatzeinbruch – wie bekommen wir wieder unsere Umsätze zurück und stabilisiert?
• Wie gehen wir mit Überkapazitäten im Betrieb um?
• Einige Produkte können wir nicht mehr produzieren oder verkaufen. Wie können wir unsere Produktpalette und Leistungsangebot den neuen Herausforderungen anpassen?
• Unsere Liefer- und Logistikkette ist unterbrochen. Haben wir Alternativen?
• Einige unsere Kunden und Lieferanten sind insolvent – woher und wie Ersatz beschaffen?
• Wir müssen einige Abteilungen und Bereiche neu strukturieren und intern anpassen. Sind wir in der Lage dazu und wer kann uns unterstützen?
• Finanzieren wir mit den angebotenen Förderungen und Unterstützungen unsere Verluste oder überbrücken wir real die Pandemie und Krise?
• Können wir nach der Krise überleben?
• Wie sieht unser Sanierungs- und Restrukturierungsplan aus?
• Sind wir dauerhaft solvent?